TEXTEST DU NOCH? ODER REDIGIERST DU SCHON?

Textest du noch oder redigierst du schon

Tex­ten ist ein Pro­zess. Den wenigs­ten von uns gelingt ein per­fek­tio­nier­ter Text gleich auf Anhieb. Zu Beginn ist da immer erst der Roh­text: Ein Text, der noch lan­ge nicht fer­tig ist, bis er final zum Rein­text wird. Aber da gibt es Mit­tel und Wege.

Darf ich vor­stel­len? Das Redigiersystem. 

Redigieren:

„Redigieren“ kommt aus dem Lateinischen: „Redigere“ (lat.) bedeutet u. a. 
in Ordnung bringen. Mit dem Redigiersystem wird ein Text final bearbeitet, 
sodass er veröffentlicht werden kann. Es professionalisiert werbliches Schreiben. 

Aus dem Rohtext wird der Reintext. Laut Duden sind Synonyme folgende: ausarbeiten, ausfeilen, ausformen, bearbeiten, den letzten Schliff geben, korrigieren,(neu) gestalten, niederschreiben, revidieren, überarbeiten, umgestalten, verändern, verbessern, vervollkommnen, zusammenstellen und korrektionieren (schweizerisch).

Schon eini­ge Male habe ich einen auf hän­gen­de Schall­plat­te gemacht und immer wie­der erzählt, dass der ers­te Ent­wurf dei­ner Tex­te ganz und gar nicht per­fekt sein muss. Und es auch gar nicht sein kann. In dei­nem Roh­text muss näm­lich noch nicht jede For­mu­lie­rung ein Voll­tref­fer sein. Es muss noch nicht jedes Detail per­fek­tio­niert sein. Hier geht es erst ein­mal dar­um, Ideen zu sam­meln. Dir alles von der See­le zu schreiben.

Dein Roh­text ist die Basis für dei­nen spä­te­ren Rein­text. Und das Redi­gie­ren kann dir dabei hel­fen, dei­ne Tex­te Schritt für Schritt zu optimieren.

Du willst das aus­pro­bie­ren? Wuhu. Sehr gut. Dann schnapp dir 

  • einen rosa Stift (na guuuuut - wenn es sein muss, dann nimm mei­net­we­gen halt eine ande­re Farbe),
  • einen blau­en Stift und 
  • einen dei­ner Texte. 

Gleich vor­weg: Dein Text wird am Ende bedeu­tend mehr rosa (oder was auch immer) als blau sein. Das ist gut so - heißt aber noch lan­ge nicht, dass dein Text für die Ton­ne war. Im Gegen­teil: Es soll dir sämt­li­che Optimierungs-Möglichkeiten ver­deut­li­chen. Und dir den Weg zu dei­ner per­fek­tio­nier­ten Ver­si­on ebnen.

Vor­be­mer­kun­gen

  • Was du beim Redi­gie­ren in dei­nem Text anmar­kerst, ist nicht falsch. Es soll dir Optimierungs-Möglichkeiten zei­gen. Und dich sen­si­bi­li­sie­ren, dass du die­se auch wahrnimmst.
  • Das Redi­gie­ren ver­deut­licht dir, wo es in dei­nem Text noch einen Tick bes­ser geht. Des­halb soll­test du unbe­dingt immer alles mar­kie­ren. Auch, wenn du es am Schluss doch im Ursprung belässt. 
  • Du hast immer das letz­te Wort. Denn: Den einen „rich­ti­gen“ Weg beim Tex­ten gibt es nicht. Sonst wür­de ja jeder Text gleich klingen. 
  • Krea­ti­ve „Ver­stö­ße“ gegen die Regeln sind nicht nur in Ord­nung. Sie sind erwünscht. Denn sie machen aus durch­schnitt­li­chen Tex­ten rich­tig gute. Doch nur wer die Regeln kennt, kann sie bewusst brechen.

Und jetzt: Tief durch­at­men. Es geht los:

Das Redi­gie­ren

1. Mache lan­gen Sät­zen den Garaus

Lan­ge und „ver­schach­tel­te“ Sät­ze sind Gift für dei­ne Tex­te. Sie machen es dei­nen Leser:innen schwer, noch mit­zu­kom­men und den Sinn zwi­schen Satz­an­fang und Satz­en­de zu ver­ste­hen. Dei­ne Leser:innen ver­lie­ren das Inter­es­se und hören auf zu lesen. Beson­ders Tex­te, die zu einer Hand­lung auf­for­dern, müs­sen leicht ver­ständ­lich sein. Ein Satz muss in weni­gen Augen­bli­cken über­zeu­gen. Und mit weni­gen Wor­ten zei­gen, wor­um es geht. 

Es wird daher die 14-Wort-Satzgrenze empfohlen.

Unter­strei­che mit dem rosa Stift die Sät­ze dei­nes Tex­tes, die mehr als 14 Wör­ter beinhalten.

Unterstrichen

2. Mache dei­nen Text persönlicher

Kon­trol­lie­re die Personal- und Pos­ses­siv­pro­no­men. Ver­wen­de weni­ger „ich“, „wir“ oder „unser“ - und statt­des­sen mehr „Sie“, „Ihnen“, „Ihr“, „du“, „dir“ oder „dein“.

„Sie“, „Ihnen“, „Ihr“, „du“, „dir“ oder „dein“ ste­hen ersatz­wei­se für den Namen dei­ner Leser:innen. Mit all den Pro­no­men wird dein Text per­sön­li­cher. Und er schafft Nähe zwi­schen dem Pro­dukt / der Dienst­leis­tung und dei­nen poten­ti­el­len Kund:innen.

„Hier siehst du dei­ne neu­en Schu­he.“ statt „Hier siehst du unse­re neu­en Schu­he.“ Nur so ent­steht das rich­ti­ge Bild im Kopf. Und zwar, dass dei­ne Leser:innen genau das, was du bewirbst, haben wollen.

Statt „Immer öfter wer­de ich von mei­nen Leser:innen gefragt …“ lie­ber „Immer öfter fra­gen Leser:innen … “.
Statt „Wir wol­len noch bes­ser wer­den …“ lie­ber „Für dich wol­len wir noch bes­ser werden …“.

Kenn­zeich­ne „ich / wir / uns“ mit einem rosa Kreis. Kenn­zeich­ne „Sie / Ihr / Ihnen“ mit einem blau­en Kreis. Über­prü­fe das Ver­hält­nis Pink zu Blau. Ver­kaufstex­te müs­sen deut­lich mehr „Sie“, „Ihr“ und „Ihnen“ auf­wei­sen. Dann über­wiegt die Direktansprache.

| Texte sind nicht dein Ding? Meins aber. Ich schreib dir deine. | Die SCHREIBSCHNEIDEREI®
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3. Sor­ge mit kur­zen Wör­tern für eine gute Lesbarkeit

Lan­ge Wör­ter wie „Him­beer­mar­me­la­den­glas“, „Auf­merk­sam­keits­de­fi­zit­hy­per­ak­ti­vi­täts­stö­rung“ oder „Dampf­schiff­fahrts­ge­sell­schaft“ sind extrem schwer zu lesen. Das Auge bleibt förm­lich dar­an hän­gen. Das Lesen wird holp­rig und anstrengend. 

Mache „ein Glas Him­beer­mar­me­la­de“ dar­aus, tren­ne die „Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitätsstörung“ mit einem Bin­de­strich oder suche für lan­ge Wör­ter gleich ein Syn­onym im Wörterbuch. 

Die durch­schnitt­li­che Wort­län­ge in leicht ver­ständ­li­chen Tex­ten beträgt 1,62 Sil­ben. Für Ver­kaufstex­te heißt das: Sie soll­ten aus zwei­sil­bi­gen Wör­tern bestehen. Fünf­sil­bi­ge Begrif­fe soll­test du vermeiden.

Mar­kie­re 5-silbige und län­ge­re Begrif­fe mit einem rosa Rechteck.

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4. Schmei­ße mit Fach-, Fremd-, und Mode­wör­tern mäßig um dich

Ja, du bist Expert:in auf dei­nem Gebiet. Dei­ne Kund:innen ver­ste­hen aber mög­li­cher­wei­se bei dei­nem Fach­chi­ne­sisch nur Bahn­hof. Also ver­zich­te bit­te wei­test­ge­hend dar­auf. Oder erklä­re Fach­be­grif­fe so ver­ständ­lich, dass kei­ne offe­nen Fra­gen bleiben.

Mode­wör­ter kön­nen eher nach­tei­lig sein. Dei­ne Leser:innen ken­nen die Begrif­fe even­tu­ell nicht. Oder sie ver­ste­hen etwas völ­lig ande­res dar­un­ter als du. 

Der Angli­zis­mus hat sich in unse­rem All­tag mani­fes­tiert. Fremd­wör­ter soll­test du trotz­dem nur ver­wen­den, wenn sie all­ge­mein geläu­fig sind. 

Cof­fee to go, Mee­ting, Brain­stor­ming, Smart­phone, Duty-free-Shop, Jet lag, Lap­top. Für man­che Begrif­fe gibt es schlicht­weg kei­ne pas­sen­de Ein­deut­schung. Und den­noch wer­den sie von jedem verstanden. 

Mar­kie­re alle Begrif­fe, die mög­lich­wei­se nicht pro­blem­los ver­stan­den wer­den, mit einer rosa Wolke.

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5. Kenn­zeich­ne bild­lee­re Haupt­wör­ter und den Nominalstil

Ver­mei­de Wör­ter, die auf -ung, -keit, -heit, -ät, -ion, -ive oder -ismus enden.  Hier ste­cken meist emo­ti­ons­lo­se und bild­lee­re Sub­stan­ti­ve dahin­ter. Suche – wann immer es geht - nach Alter­na­ti­ven oder umschrei­be die Wör­ter. Anstatt … „Zur Klä­rung von Details ste­he ich dir ger­ne zur Ver­fü­gung.“ lie­ber „Ich bin ger­ne für dich da, um die Details zu klären.“

Unter­strei­che alle Wör­ter, die mit -ung, -keit, -heit, -ät, -ion, -ive oder -ismus enden mit einem rosa Blitz.

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6. Nicht quat­schen. Machen.

„Kön­nen“, „dür­fen“, möch­ten“, „müs­sen“ und „wol­len“ sind eher nach­tei­lig für dei­ne Tex­te. Und wenig über­zeu­gend. Sie rela­ti­vie­ren dei­ne Aus­sa­ge. Natür­lich las­sen sich die­se Wör­ter nicht immer erset­zen. Du soll­test aber wei­test­ge­hend direkt und unmiss­ver­ständ­lich schreiben. 

“Ich möch­te dir hel­fen.” kann im Nach­gang auch bedeu­ten: “Ich woll­te dir ja hel­fen, aber es hat halt nicht geklappt.” Schrei­be statt­des­sen: “Ich wer­de dir hel­fen.” oder “Ich hel­fe dir.”

Statt „Mei­ne Bera­tung kann dein Leben ver­än­dern.“ lie­ber „Mei­ne Bera­tung wird dein Leben verändern.“

Strei­che „kön­nen“, „möch­ten“, „müs­sen“, „wol­len“, „sol­len“ und „wür­den“ durch ein rosa X aus dei­nem Text.

Durchgestrichen

7. Weg mit nega­ti­ven Begriffen

Den­ke nicht an ein rosa Ein­horn mit Glit­zer­krön­chen. Zu spät. Kei­ne Chance. 

Ver­bo­te­nes hat schon als Kind wahn­sin­nig viel Spaß gemacht. Wenn die Eltern kurz vor Weih­nach­ten gesagt haben „Nicht in den Schrank schau­en.“ haben wir es wohl alle gera­de zum Trotz gemacht. 

Mit For­mu­lie­run­gen wie „kei­ne Gefahr“ oder „kein Risi­ko“ haben dei­ne Leser:innen auto­ma­tisch Bil­der von Gefahr und Risi­ko im Kopf. Du soll­test statt­des­sen lie­ber Power-Wörter benut­zen, die einen Vor­teil sug­ge­rie­ren, ein gutes Gefühl ver­mit­teln und über­zeu­gen. Das sind z.B. Wör­ter wie: Garan­tiert, sicher, defi­ni­tiv etc. 

Dei­nem Kind sagst du vor Weih­nach­ten in Zukunft lie­ber: „Lass den Schrank bit­te zu.“ 

Kenn­zeich­ne nega­ti­ve Begrif­fe wie „kein“, „nicht“, „ohne“ sowie die Vor­sil­be „un-„ und die Nach­sil­be „-los“ mit einem rosa Querstrich.

Lies in mei­nem Blog­ar­ti­kel mehr zu Power-Wörtern.

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8. Schrei­be eine zwei­te Rohtext-Version

Mit den Punk­ten 1 bis 7 hast du alle Optimierungs-Möglichkeiten gekenn­zeich­net. Zeit, eine zwei­te, ver­bes­ser­te Ver­si­on zu schrei­ben. Ja und auch die zwei­te Ver­si­on über­prüfst du noch­mals mit den Schrit­ten der Redigier-Anleitung.

9. Baue Druck auf

Tes­te aus, wo dein Text noch Wör­ter, die Druck auf­bau­en, ver­trägt. Power-Wörter wie „jetzt“, „gleich“, „direkt“ oder „nur bis“. Mit dem geziel­ten Ein­satz der Wör­ter erreichst du noch wahr­schein­li­cher die gewünsch­te Reak­ti­on dei­ner Leser:innen.

10. Posi­ti­vi­tät ist alles

Jede:r Leser:in liest ger­ne posi­ti­ve Begrif­fe. Wör­ter wie „ja“, „ger­ne“, „selbst­ver­ständ­lich“, „natür­lich“, „gra­tis“, „gut“, „schön“, „Geschenk“ oder „Gewinn“ lösen posi­ti­ve Asso­zia­tio­nen aus. Sie wecken Emotionen. 

Schlaf eine Nacht drüber

Wenn du die Schrit­te 1 bis 10 erle­digt hast, schlaf eine Nacht drü­ber. Lass den Text lie­gen und schau am nächs­ten Tag noch­mal neu drauf. Hin­ter­fra­ge erneut, ob die Reak­tio­nen, die du dir wünschst, auch so bewirkt wer­den. Und ob sich die For­mu­lie­run­gen, unter Zuga­be der Power-Wörter, gut lesen. Ist was zu viel? Fehlt was?

Der Fein­schliff

Das Kor­rek­to­rat

So. Nun fehlt nur noch die Über­prü­fung auf even­tu­el­le Recht­schreib­feh­ler. Das Korrektorat. 

Korrektor:innen kor­ri­gie­ren dei­nen Text auf Recht­schrei­bung und Zei­chen­set­zung. Außer­dem ach­ten sie auf ein­heit­li­che Schreib­wei­sen. Sti­lis­tisch grei­fen sie jedoch nicht ein. Ein Kor­rek­to­rat macht also nur bei gut vor­for­mu­lier­ten Tex­ten Sinn. 

Du kannst dir auch Hil­fe beim Duden-Mentor holen. Der Men­tor prüft dei­ne ein­ge­ge­be­nen Tex­te in Sekun­den­schnel­le auf Recht­schrei­bung, Gram­ma­tik und Zei­chen­set­zung. Mög­li­che Feh­ler wer­den dir ein­zeln mar­kiert und Kor­rek­tur­vor­schlä­ge ange­zeigt. Aus­führ­li­che Feh­ler­kom­men­ta­re sor­gen für einen zusätz­li­chen Lern­ef­fekt. Mit einem kos­ten­lo­sen Benut­zer­kon­to prüft der Men­tor bis zu 1.500 Zei­chen auf einmal.

Das Lek­to­rat

Wenn du dir trotz des Redi­gie­rens noch unsi­cher bist, ob dein Text reif für eine Ver­öf­fent­li­chung ist, macht ein Lek­to­rat Sinn.

Lektor:innen kor­ri­gie­ren dei­nen Text auf Rechtschreib-, Grammatik- und Zeichensetzungsfehler. Dar­über hin­aus wird dein Text sti­lis­tisch kor­ri­giert und so auf den Lese­fluss optimiert. 

FAZIT

Bei Pro­fis lau­fen all die Schrit­te des Redi­gier­sys­tems im Kopf ab. Wenn du aber noch nicht ganz so geübt im Schrei­ben bist, macht das Redi­gie­ren auf jeden Fall Sinn. Mit ein biss­chen Übung wirst du bei jedem Mal bereits beim Roh­text an gewis­se Din­ge den­ken. Und sie bereits im ers­ten Zug ein­bau­en. Der Redi­gier­pro­zess wird dir mit jedem Mal schnel­ler von der Hand gehen.

Noch mehr wert­vol­le Tipps zum Redi­gier­sys­tem gibt der deut­sche Tex­terclub hier.

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