WARUM DEINE HANDSCHRIFT DEINEN TEXTEN VERDAMMT GUTTUT.

Trainere deine Handschrift - warum sie deinen Texten guttut

Im Zeit­al­ter der Digi­ta­li­sie­rung erset­zen unse­re Smart­phones und Tablets oder Lap­tops und Rech­ner unse­re Hand­schrift. Wir tip­pen unse­re Tex­te, anstatt sie zu schreiben. 

Ja, auch bei mir ist das so. Fällt mir etwas Krea­ti­ves ein, grei­fe ich zu mei­nem iPho­ne oder iPad (unbe­zahl­te Wer­bung, aber ich schwö­re, ich wür­de bezahl­te Wer­bung machen, wenn mich Apple dar­um bit­ten wür­de) und tip­pe mei­ne Zei­len in eine Notiz. Ich atme anschlie­ßend jedes Mal beru­higt durch – immer­hin konn­te ich mei­ne gran­dio­sen Ein­fäl­le gera­de erfolg­reich sichern. Wuhu.

Im Anschluss dar­an schie­be ich die Tex­te in mei­ne Cloud und kann so jeder­zeit auch von mei­nem Lap­top aus bequem auf sie zugrei­fen. Und wei­ter dar­an arbei­ten. Schon eine fei­ne Sache.

Ein wei­te­rer rie­sen Vor­teil: Die Tex­te sind immer sofort super ordent­lich und gut leser­lich. Ab der ers­ten Sekun­de. Mit einem Notiz­block, ganz old­school, sieht das ein biss­chen anders aus. Bei mir jeden­falls. Ver­ge­hen ein paar Tage, muss ich mein Kurz­zeit­ge­dächt­nis doch schon sehr bean­spru­chen, um mich erin­nern zu kön­nen, was ich da über­haupt auf­ge­schrie­ben habe.

Die wenigs­ten von uns schrei­ben heu­te noch groß­ar­tig mit der Hand. War­um eigent­lich? Und wäre es nicht manch­mal sinn­vol­ler? Die­sen Fra­gen gehe ich in die­sem Blog­ar­ti­kel auf den Grund.

Handschrift ist das Schreiben mit einem Schreibgerät wie mit einem Stift  oder Bleistift in der Hand. Die Handschrift umfasst sowohl Druck- als auch  Kursivstile und ist von der formalen Kalligrafie oder Schrift getrennt.

Dei­ne Hand­schrift zwingt dich zum Vorausdenken

Bereits in der Schul­zeit konn­te ich mir Inhal­te am bes­ten mer­ken, wenn ich sie mit der Hand zusam­men­schrieb. Ich konn­te mir The­men, zur Vor­be­rei­tung auf eine Klau­sur bei­spiels­wei­se, am bes­ten ein­prä­gen, wenn ich den gan­zen Stoff noch­mal hand­schrift­lich zusammenfasste.

Heu­te sit­ze ich am Lap­top und tip­pe drauf­los. Oder ich schnap­pe mir, wie schon erwähnt, mein Smart­phone. All mei­ne Tex­te mit einem Stift aufs Papier oder Tablet zu brin­gen – viel zu anstren­gend. Ich mer­ke aller­dings oft, dass es von Vor­teil ist, mich aus mei­ner Kom­fort­zo­ne her­aus­zu­be­we­gen. Den anstren­gen­den Weg zu wäh­len und eben doch zum Stift zu grei­fen. Weil es iro­ni­scher­wei­se effi­zi­en­ter sein kann.

Auf Lap­top und Smart­phone tip­pen wir ein­fach drauf los. Sät­ze umstel­len, an ande­rer Stel­le plat­zie­ren, Wör­ter strei­chen oder ergän­zen – Kor­rek­tu­ren sind auch im Nach­hin­ein pro­blem­los möglich.

Mit einem Stift und Papier sieht das anders aus. Des­halb über­le­gen wir auch schon wäh­rend oder sogar vor dem Schrei­ben, was gleich aufs Papier kommt. Effi­zi­en­tes Schreiben.

Die Hand malt beim Schrei­ben ja qua­si jeden Buch­sta­ben ein­zeln. Das ist für das Gehirn super anstren­gend und kom­plex. Kannst du dir schwer vor­stel­len? Dann erin­ne­re dich zurück an dei­ne Kind­heit: Bis du fähig warst, einen Kreis zu malen, hat es eine gan­ze Wei­le gedau­ert. Ein Stern­chen noch viel länger.

„Im Lau­fe der Geschich­te haben sich die Schreib­ge­rä­te des Men­schen immer wie­der geän­dert: von den Höh­len­ma­le­rei­en der Stein­zeit über das Schrei­ben mit Grif­feln und Schreib­roh­ren auf Wachstafeln/Papyrus im alten Rom und Ägyp­ten, dem Schrei­ben mit Feder­kiel auf Per­ga­ment im Mit­tel­al­ter, über die zahl­rei­chen Schreib­ge­rä­te der Gegen­wart hin zu einer poten­ti­el­len Zukunft mit digi­ta­len Stiften.“

(DAs schreib­mo­to­rik institut)

Dei­ne Hand­schrift ist mit dei­ner Erin­ne­rung und Merk­fä­hig­keit verknüpft 

Diver­se For­schun­gen bestä­ti­gen, dass unse­re Hand­schrift und unse­re Erin­ne­rung in einem direk­ten Zusam­men­hang ste­hen. Also ich für mei­nen Teil wuss­te immer ziem­lich genau, was auf mei­nen Spick­zet­teln stand. Ähäm. Ich habe sie natür­lich immer nur für den Lern­ef­fekt geschrie­ben und nie eingesetzt.

Mei­ne Mut­ter ist das bes­te Bei­spiel, wie sich Hand­schrift und Erin­ne­rung ver­knüp­fen: Sie ist die abso­lu­te Post-it-Queen. Post-its wur­den qua­si für mei­ne Mut­ter erfun­den. Ihr fällt etwas ein, was sie mir beim nächs­ten Tele­fo­nat oder Tref­fen erzäh­len möch­te – sie schreibt ein Post-it. Ich soll ihr etwas im Inter­net bestel­len - sie schreibt ein Post-it. Sie möch­te mich etwas fra­gen - sie schreibt ein Post-it. 

Der Ess­tisch in der Woh­nung mei­ner Eltern ist zu einem Drit­tel mit Post-its beklebt. (Anmer­kung: Das ist wirk­lich nur einen Hauch über­trie­ben.) Kom­me ich zu Besuch, wer­den die Post-its sys­te­ma­tisch „abge­ar­bei­tet“. Erle­dig­te Post-its wer­den abge­macht, zer­knüllt und weg­ge­wor­fen. Und jaha: Kommt mei­ne Mut­ter zu uns zu Besuch, bringt sie ihre Post-its zur Erle­di­gung mit. Kein Witz.

Das Erstaun­li­che: Kommt es in zehn Jah­ren ein­mal vor, dass sie die Post-its ver­gisst, weiß sie trotz­dem ganz genau, was sie mit mir zu bespre­chen hat. Weil sie es ja auf­ge­schrie­ben hat­te. Du kennst das viel­leicht von Momen­ten, in denen du in der Ver­gan­gen­heit schon mal dei­nen Ein­kaufs­zet­tel zu Hau­se ver­ges­sen hattest.

Durch das häu­fi­ge Tip­pen auf dem Smart­phone und dem Lap­top, bekommt unse­re Hand­schrift Makel. Sie wird wacke­li­ger. Wir sind aus der Übung. OK, unse­ren All­tag kön­nen wir natür­lich den­noch bestrei­ten. Das steht außer Fra­ge. Maria­nela Diaz Mey­er vom Schreib­mo­to­rik Insti­tut warnt aber, dass mit der Hand­schrift noch ganz ande­re Kom­pe­ten­zen nach­las­sen, die auch im heu­ti­gen Berufs­le­ben wich­tig sind. Gegen­über der Wirt­schafts­Wo­che sag­te sie: „Unse­re Merk­fä­hig­keit basiert auf unse­ren Grund­fer­tig­kei­ten Hand­schrei­ben und Lesen.“ (Den gan­zen Arti­kel gibt es hier.)

Dei­ne Hand­schrift för­dert dei­ne kogni­ti­ve Entwicklung

Beim Hand­schrei­ben sind 12 Hirn­area­le aktiv. Es arbei­ten mehr als 30 Mus­keln und 17 Gelen­ke zusam­men. Bei der Ver­ar­bei­tung von Text in Form von Hand­schrei­ben wird eine moto­ri­sche Gedächt­nis­spur im Gehirn ange­legt. Das Schrei­ben per Hand unter­stützt also nach­hal­tig das Lesen- und Schrei­ben­ler­nen bei Kindern. 

Für Expert:innen ist das Tip­pen am Com­pu­ter eine „sinn­ent­leer­te Bewe­gung“, da es kei­ne Ver­knüp­fung zwi­schen der Buch­sta­ben­form und der ent­spre­chen­den Bewe­gungs­aus­füh­rung gibt. Denn es macht im Gehirn kei­nen Unter­schied, ob ich A, E oder X tippe.

Im Gegen­satz zum Tip­pen för­dert das Hand­schrei­ben die kogni­ti­ve Ent­wick­lung. Das Schrei­ben mit der Hand ist also abso­lut zukunfts­fä­hig, auch wenn sich das Schreib­me­di­um mit zuneh­men­der Digi­ta­li­sie­rung ändert. Statt Papier wird eben immer häu­fi­ger das Tablet zum Ein­satz kommen.

Unter kognitiver Entwicklung versteht man die Entwicklung all jener Funktionen, 
die dem Erkennen und Erfassen der Gegenstände und Personen der Umgebung und der 
eigenen Person gelten. Zu diesen Funktionen gehören Intelligenz bzw. Denken, 
Wahrnehmung, Problemlösen, Gedächtnis, Sprache etc.

(Das Schreib­mo­to­rik Insti­tut hat hier­zu einen sehr inter­es­san­ten Bei­trag veröffentlicht.)

Dei­ne Hand­schrift lässt dei­ne Krea­ti­vi­tät fließen

Gera­de in Prä­sen­ta­tio­nen oder Vor­trä­gen kom­men oft Flip­charts zum Ein­satz. Auf den „Tafel­schreib­blö­cken“ wer­den The­men inter­ak­tiv mit den Teilnehmer:innen ent­wi­ckelt und doku­men­tiert, flei­ßig Ideen gesam­melt oder Ergeb­nis­se visu­ell abge­bil­det. In einer per­sön­li­chen Atmosphäre.

In klei­ne­ren Grup­pen, Semi­na­ren und Work­shops ist das Prä­sen­tie­ren mit dem Flip­charts zudem bedeu­tend span­nen­der als mit Lap­top und Leinwand. 

Das Sam­meln von Gedan­ken klappt hand­schrift­lich ein­fach bes­ser. Der Kopf muss mehr tun als beim Tip­pen. Die Ideen spru­deln. Die Krea­ti­vi­tät fließt. 

„Von Hand schrei­ben macht schlau­er. Neu­ro­wis­sen­schaft­li­che Stu­di­en aus Hoch­schu­len zei­gen, dass das Hand­schrei­ben die Merk­fä­hig­keit, das inhalt­li­che Ver­ständ­nis und die Krea­ti­vi­tät för­dert. Die­se Eigen­schaf­ten sind auch im Zeit­al­ter der Digi­ta­li­sie­rung gefragt.“ .

(Maria­nela Diaz Mey­er, Geschäfts­füh­re­rin des Schreib­mo­to­rik Instituts)
5 Basics, mit denen du gute Texte schreibst

Fünf Tipps, um dei­ne Hand­schrift in Top­form zu bringen

1. Die rich­ti­ge Sitz- und Handhaltung

Die rich­ti­ge Sitz­hal­tung ist beim Schrei­ben sehr wich­tig. Dein Arm braucht Platz und Bewe­gungs­frei­heit. Beu­ge dich nie­mals über das Blatt Papier oder das Tablet. Dein Arm ist sonst zu stark in sei­ner Bewe­gung ein­ge­schränkt. Dei­ne Hand und dein Hand­ge­lenk wer­den dadurch noch mehr belas­tet. Dein Schrift­bild wird unan­sehn­li­cher. Ver­su­che statt­des­sen kon­stant auf­recht zu sit­zen. Ver­kramp­fe dabei nicht, bleib locker. 

Für dei­ne Hand­hal­tung gibt es kein Rezept. Der Stift muss sich gut in dei­ner Hand anfüh­len: Hal­te ihn dazu nicht zu fest oder zu krampf­haft. Las­se ihn locker in dei­nen Fin­gern lie­gen, um unan­ge­neh­me Druck­stel­len zu vermeiden. 

2. Das pas­sen­de Schreibutensil

Ob Kugel­schrei­ber, Fül­ler oder Fine­li­ner: Ach­te bei der Wahl dei­nes Stif­tes dar­auf, dass er gut in dei­ner Hand liegt und kei­ne Druck­stel­len ver­ur­sacht. Er soll­te nicht krat­zen, son­dern leicht über das Papier glei­ten. Wie eine Feder. Der Stift soll­te prä­zi­se schrei­ben, die Tin­te soll­te nicht in den Fasern des Papiers ver­lau­fen. Zudem soll­te er zügig trock­nen, damit du mit einer unvor­sich­ti­gen Hand­be­we­gung nicht alles Geschrie­be­ne verwischst. 

Die soge­nann­ten Schön­schreib­fül­ler kennst du viel­leicht noch aus dei­ner Schul­zeit. Die Feder läuft nicht spitz zu, son­dern ist abge­flacht. Dadurch wer­den man­che Lini­en beim Schrei­ben brei­ter gezo­gen als ande­re, was ein schö­nes Schrift­bild zaubert. 

3. Wie machen es andere?

Eines vor­weg: An der Hand­schrift dei­ner Ärzt:innen soll­test du dich bes­ser nicht ori­en­tie­ren. Aber wie sehen die Hand­schrif­ten dei­ner Freund:innen oder Kolleg:innen aus? Gefällt dir eine Hand­schrift beson­ders, beob­ach­te doch ein­mal, wie sie schrei­ben. Wel­che Stif­te benut­zen sie? Wel­che Tech­nik wen­den sie an? Wel­che Kör­per­hal­tung neh­men sie ein?

4. Immer mit der Ruhe

Wenn du nur mal eben schnell eine Notiz auf­schreibst, lei­det dein Schrift­bild dar­un­ter. Schön ist anders. Dei­ne Hand­schrift kann nur ordent­lich und sau­ber aus­se­hen, wenn du dir die dafür not­wen­di­ge Zeit nimmst. Also: Schreib lang­sam und bewusst. Kon­zen­trie­re dich auf das Schreiben.

Wenn du, wie ich auch, aus der Übung bist, weil du viel zu sel­ten mit der Hand schreibst, wird das alles am Anfang natür­lich etwas län­ger dau­ern. Je häu­fi­ger du aber wie­der dei­ne Hand­schrift zum Ein­satz kom­men lässt, des­to flüs­si­ger, schnel­ler und schö­ner wirst du wie­der schrei­ben kön­nen. Daher:

5. Üben, üben, üben

Mit der Hand zu schrei­ben ist wie Fahr­rad­fah­ren. Du ver­lernst es nicht. Wer­de doch ab sofort wie­der in sämt­li­chen Lebens­la­gen old­school. Back to the basics. Alles, was du bis­her kurz und zackig in dein Smart­phone ein­ge­häm­mert hast, schreibst du ab sofort wie­der mit der Hand: 

Dei­ne Ein­kaufs­lis­te per Zet­tel - statt die Shopping-App zu nut­zen. Dei­ne Ter­mi­ne in einen Papier­ka­len­der – statt in dei­nen Smartphone-Kalender. Dei­ne Zei­len an dei­nen Schatz in Form eines Post-its – statt per WhatsApp.

Beach­te beim Üben zudem die fol­gen­den Tipps und du bist ganz bestimmt schon ganz bald ein Profi:

Schrei­be flüs­sig:
Schrei­be mit gleich­mä­ßi­gem, aber zügi­gem Schreibrhythmus.
Schrei­be les­bar:
Schrei­be in dei­nem per­sön­li­chen Schrift­bild, aber wah­re die cha­rak­te­ris­ti­sche Buch­sta­ben­form.
Schrei­be ermü­dungs­arm:
Schrei­be mit gerin­gem und gleich­mä­ßi­gem Schreibdruck.
Schrei­be effi­zi­ent:
Schrei­be zügig, aber den­noch ermüdungsarm.
Schrei­be indi­vi­du­ell:
Dei­ne Schrift ist ein­zig­ar­tig. Gestal­te dein per­sön­li­ches Schrift­bild, wie es dir buch­stäb­lich von der Hand geht. Ver­bie­ge dich nicht.

(Das Schreib­mo­to­rik Insti­tut hat das hier gut zusammengefasst.)

„Leser­lich­keit ist die Höf­lich­keit der Handschriften.“

(fried­rich dürrenmatt)

FAZIT

Unse­re Zukunft ist digi­tal. Ja. Den­noch tut uns der Ein­satz unse­rer Hand­schrift gut. 

Denk­pro­zes­se mit der Hand fest­zu­hal­ten lässt die Krea­ti­vi­tät flie­ßen und gibt uns die Mög­lich­keit, tie­fer in das The­ma rein­zu­fin­den als ver­gleichs­wei­se beim Tip­pen. Unse­re Merk­fä­hig­keit wird zudem enorm ver­bes­sert und wir trai­nie­ren unser Gedächtnis. 

Ich bin ab sofort wie­der im #team­hand­schrift . Und du? Ver­ra­te es mir auf Insta­gram.

Hier geht es zu wei­te­ren uuuuun­fass­bar inter­es­san­ten Blogartikeln.
Nach oben scrollen