- Deine Handschrift zwingt dich zum Vorausdenken
- Deine Handschrift ist mit deiner Erinnerung und Merkfähigkeit verknüpft
- Deine Handschrift fördert deine kognitive Entwicklung
- Deine Handschrift lässt deine Kreativität fließen
- Fünf Tipps, um deine Handschrift in Topform zu bringen
- FAZIT
Im Zeitalter der Digitalisierung ersetzen unsere Smartphones und Tablets oder Laptops und Rechner unsere Handschrift. Wir tippen unsere Texte, anstatt sie zu schreiben.
Ja, auch bei mir ist das so. Fällt mir etwas Kreatives ein, greife ich zu meinem iPhone oder iPad (unbezahlte Werbung, aber ich schwöre, ich würde bezahlte Werbung machen, wenn mich Apple darum bitten würde) und tippe meine Zeilen in eine Notiz. Ich atme anschließend jedes Mal beruhigt durch – immerhin konnte ich meine grandiosen Einfälle gerade erfolgreich sichern. Wuhu.
Im Anschluss daran schiebe ich die Texte in meine Cloud und kann so jederzeit auch von meinem Laptop aus bequem auf sie zugreifen. Und weiter daran arbeiten. Schon eine feine Sache.
Ein weiterer riesen Vorteil: Die Texte sind immer sofort super ordentlich und gut leserlich. Ab der ersten Sekunde. Mit einem Notizblock, ganz oldschool, sieht das ein bisschen anders aus. Bei mir jedenfalls. Vergehen ein paar Tage, muss ich mein Kurzzeitgedächtnis doch schon sehr beanspruchen, um mich erinnern zu können, was ich da überhaupt aufgeschrieben habe.
Die wenigsten von uns schreiben heute noch großartig mit der Hand. Warum eigentlich? Und wäre es nicht manchmal sinnvoller? Diesen Fragen gehe ich in diesem Blogartikel auf den Grund.
Handschrift ist das Schreiben mit einem Schreibgerät wie mit einem Stift oder Bleistift in der Hand. Die Handschrift umfasst sowohl Druck- als auch Kursivstile und ist von der formalen Kalligrafie oder Schrift getrennt.
Deine Handschrift zwingt dich zum Vorausdenken
Bereits in der Schulzeit konnte ich mir Inhalte am besten merken, wenn ich sie mit der Hand zusammenschrieb. Ich konnte mir Themen, zur Vorbereitung auf eine Klausur beispielsweise, am besten einprägen, wenn ich den ganzen Stoff nochmal handschriftlich zusammenfasste.
Heute sitze ich am Laptop und tippe drauflos. Oder ich schnappe mir, wie schon erwähnt, mein Smartphone. All meine Texte mit einem Stift aufs Papier oder Tablet zu bringen – viel zu anstrengend. Ich merke allerdings oft, dass es von Vorteil ist, mich aus meiner Komfortzone herauszubewegen. Den anstrengenden Weg zu wählen und eben doch zum Stift zu greifen. Weil es ironischerweise effizienter sein kann.
Auf Laptop und Smartphone tippen wir einfach drauf los. Sätze umstellen, an anderer Stelle platzieren, Wörter streichen oder ergänzen – Korrekturen sind auch im Nachhinein problemlos möglich.
Mit einem Stift und Papier sieht das anders aus. Deshalb überlegen wir auch schon während oder sogar vor dem Schreiben, was gleich aufs Papier kommt. Effizientes Schreiben.
Die Hand malt beim Schreiben ja quasi jeden Buchstaben einzeln. Das ist für das Gehirn super anstrengend und komplex. Kannst du dir schwer vorstellen? Dann erinnere dich zurück an deine Kindheit: Bis du fähig warst, einen Kreis zu malen, hat es eine ganze Weile gedauert. Ein Sternchen noch viel länger.
Deine Handschrift ist mit deiner Erinnerung und Merkfähigkeit verknüpft
Diverse Forschungen bestätigen, dass unsere Handschrift und unsere Erinnerung in einem direkten Zusammenhang stehen. Also ich für meinen Teil wusste immer ziemlich genau, was auf meinen Spickzetteln stand. Ähäm. Ich habe sie natürlich immer nur für den Lerneffekt geschrieben und nie eingesetzt.
Meine Mutter ist das beste Beispiel, wie sich Handschrift und Erinnerung verknüpfen: Sie ist die absolute Post-it-Queen. Post-its wurden quasi für meine Mutter erfunden. Ihr fällt etwas ein, was sie mir beim nächsten Telefonat oder Treffen erzählen möchte – sie schreibt ein Post-it. Ich soll ihr etwas im Internet bestellen - sie schreibt ein Post-it. Sie möchte mich etwas fragen - sie schreibt ein Post-it.
Der Esstisch in der Wohnung meiner Eltern ist zu einem Drittel mit Post-its beklebt. (Anmerkung: Das ist wirklich nur einen Hauch übertrieben.) Komme ich zu Besuch, werden die Post-its systematisch „abgearbeitet“. Erledigte Post-its werden abgemacht, zerknüllt und weggeworfen. Und jaha: Kommt meine Mutter zu uns zu Besuch, bringt sie ihre Post-its zur Erledigung mit. Kein Witz.
Das Erstaunliche: Kommt es in zehn Jahren einmal vor, dass sie die Post-its vergisst, weiß sie trotzdem ganz genau, was sie mit mir zu besprechen hat. Weil sie es ja aufgeschrieben hatte. Du kennst das vielleicht von Momenten, in denen du in der Vergangenheit schon mal deinen Einkaufszettel zu Hause vergessen hattest.
Durch das häufige Tippen auf dem Smartphone und dem Laptop, bekommt unsere Handschrift Makel. Sie wird wackeliger. Wir sind aus der Übung. OK, unseren Alltag können wir natürlich dennoch bestreiten. Das steht außer Frage. Marianela Diaz Meyer vom Schreibmotorik Institut warnt aber, dass mit der Handschrift noch ganz andere Kompetenzen nachlassen, die auch im heutigen Berufsleben wichtig sind. Gegenüber der WirtschaftsWoche sagte sie: „Unsere Merkfähigkeit basiert auf unseren Grundfertigkeiten Handschreiben und Lesen.“ (Den ganzen Artikel gibt es hier.)
Deine Handschrift fördert deine kognitive Entwicklung
Beim Handschreiben sind 12 Hirnareale aktiv. Es arbeiten mehr als 30 Muskeln und 17 Gelenke zusammen. Bei der Verarbeitung von Text in Form von Handschreiben wird eine motorische Gedächtnisspur im Gehirn angelegt. Das Schreiben per Hand unterstützt also nachhaltig das Lesen- und Schreibenlernen bei Kindern.
Für Expert:innen ist das Tippen am Computer eine „sinnentleerte Bewegung“, da es keine Verknüpfung zwischen der Buchstabenform und der entsprechenden Bewegungsausführung gibt. Denn es macht im Gehirn keinen Unterschied, ob ich A, E oder X tippe.
Im Gegensatz zum Tippen fördert das Handschreiben die kognitive Entwicklung. Das Schreiben mit der Hand ist also absolut zukunftsfähig, auch wenn sich das Schreibmedium mit zunehmender Digitalisierung ändert. Statt Papier wird eben immer häufiger das Tablet zum Einsatz kommen.
Unter kognitiver Entwicklung versteht man die Entwicklung all jener Funktionen, die dem Erkennen und Erfassen der Gegenstände und Personen der Umgebung und der eigenen Person gelten. Zu diesen Funktionen gehören Intelligenz bzw. Denken, Wahrnehmung, Problemlösen, Gedächtnis, Sprache etc.
(Das Schreibmotorik Institut hat hierzu einen sehr interessanten Beitrag veröffentlicht.)
Deine Handschrift lässt deine Kreativität fließen
Gerade in Präsentationen oder Vorträgen kommen oft Flipcharts zum Einsatz. Auf den „Tafelschreibblöcken“ werden Themen interaktiv mit den Teilnehmer:innen entwickelt und dokumentiert, fleißig Ideen gesammelt oder Ergebnisse visuell abgebildet. In einer persönlichen Atmosphäre.
In kleineren Gruppen, Seminaren und Workshops ist das Präsentieren mit dem Flipcharts zudem bedeutend spannender als mit Laptop und Leinwand.
Das Sammeln von Gedanken klappt handschriftlich einfach besser. Der Kopf muss mehr tun als beim Tippen. Die Ideen sprudeln. Die Kreativität fließt.
Fünf Tipps, um deine Handschrift in Topform zu bringen
1. Die richtige Sitz- und Handhaltung
Die richtige Sitzhaltung ist beim Schreiben sehr wichtig. Dein Arm braucht Platz und Bewegungsfreiheit. Beuge dich niemals über das Blatt Papier oder das Tablet. Dein Arm ist sonst zu stark in seiner Bewegung eingeschränkt. Deine Hand und dein Handgelenk werden dadurch noch mehr belastet. Dein Schriftbild wird unansehnlicher. Versuche stattdessen konstant aufrecht zu sitzen. Verkrampfe dabei nicht, bleib locker.
Für deine Handhaltung gibt es kein Rezept. Der Stift muss sich gut in deiner Hand anfühlen: Halte ihn dazu nicht zu fest oder zu krampfhaft. Lasse ihn locker in deinen Fingern liegen, um unangenehme Druckstellen zu vermeiden.
2. Das passende Schreibutensil
Ob Kugelschreiber, Füller oder Fineliner: Achte bei der Wahl deines Stiftes darauf, dass er gut in deiner Hand liegt und keine Druckstellen verursacht. Er sollte nicht kratzen, sondern leicht über das Papier gleiten. Wie eine Feder. Der Stift sollte präzise schreiben, die Tinte sollte nicht in den Fasern des Papiers verlaufen. Zudem sollte er zügig trocknen, damit du mit einer unvorsichtigen Handbewegung nicht alles Geschriebene verwischst.
Die sogenannten Schönschreibfüller kennst du vielleicht noch aus deiner Schulzeit. Die Feder läuft nicht spitz zu, sondern ist abgeflacht. Dadurch werden manche Linien beim Schreiben breiter gezogen als andere, was ein schönes Schriftbild zaubert.
3. Wie machen es andere?
Eines vorweg: An der Handschrift deiner Ärzt:innen solltest du dich besser nicht orientieren. Aber wie sehen die Handschriften deiner Freund:innen oder Kolleg:innen aus? Gefällt dir eine Handschrift besonders, beobachte doch einmal, wie sie schreiben. Welche Stifte benutzen sie? Welche Technik wenden sie an? Welche Körperhaltung nehmen sie ein?
4. Immer mit der Ruhe
Wenn du nur mal eben schnell eine Notiz aufschreibst, leidet dein Schriftbild darunter. Schön ist anders. Deine Handschrift kann nur ordentlich und sauber aussehen, wenn du dir die dafür notwendige Zeit nimmst. Also: Schreib langsam und bewusst. Konzentriere dich auf das Schreiben.
Wenn du, wie ich auch, aus der Übung bist, weil du viel zu selten mit der Hand schreibst, wird das alles am Anfang natürlich etwas länger dauern. Je häufiger du aber wieder deine Handschrift zum Einsatz kommen lässt, desto flüssiger, schneller und schöner wirst du wieder schreiben können. Daher:
5. Üben, üben, üben
Mit der Hand zu schreiben ist wie Fahrradfahren. Du verlernst es nicht. Werde doch ab sofort wieder in sämtlichen Lebenslagen oldschool. Back to the basics. Alles, was du bisher kurz und zackig in dein Smartphone eingehämmert hast, schreibst du ab sofort wieder mit der Hand:
Deine Einkaufsliste per Zettel - statt die Shopping-App zu nutzen. Deine Termine in einen Papierkalender – statt in deinen Smartphone-Kalender. Deine Zeilen an deinen Schatz in Form eines Post-its – statt per WhatsApp.
Beachte beim Üben zudem die folgenden Tipps und du bist ganz bestimmt schon ganz bald ein Profi:
Schreibe flüssig:
Schreibe mit gleichmäßigem, aber zügigem Schreibrhythmus.
Schreibe lesbar:
Schreibe in deinem persönlichen Schriftbild, aber wahre die charakteristische Buchstabenform.
Schreibe ermüdungsarm:
Schreibe mit geringem und gleichmäßigem Schreibdruck.
Schreibe effizient:
Schreibe zügig, aber dennoch ermüdungsarm.
Schreibe individuell:
Deine Schrift ist einzigartig. Gestalte dein persönliches Schriftbild, wie es dir buchstäblich von der Hand geht. Verbiege dich nicht.
(Das Schreibmotorik Institut hat das hier gut zusammengefasst.)
FAZIT
Unsere Zukunft ist digital. Ja. Dennoch tut uns der Einsatz unserer Handschrift gut.
Denkprozesse mit der Hand festzuhalten lässt die Kreativität fließen und gibt uns die Möglichkeit, tiefer in das Thema reinzufinden als vergleichsweise beim Tippen. Unsere Merkfähigkeit wird zudem enorm verbessert und wir trainieren unser Gedächtnis.
Ich bin ab sofort wieder im #teamhandschrift . Und du? Verrate es mir auf Instagram.